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Reportage

Hausbootfahrt in der Camargue mit dem Gewinner des Gewinnspiels 2023

Für unser neues Reisetagebuch nehmen wir Sie mit an Bord zu Gilles, dem großen Gewinner unseres alljährlichen Gewinnspiels in der Kategorie "Reisetagebuch". Gilles reiste in der letzten Saison mit seiner Lieblingsmatrosin Catherine durch die Camargue. In Ihrem Leben vor der Rente waren Sie Kommunikationsberater und Schmuckdesignerin und als große Fans der NICOLS-Boote in der Duo- oder Quattro-Version hat diese kleine Crew bereits einen Großteil der Kanäle und Flüsse Frankreichs erkundet. Im letzten Jahr haben sie sich für die Camargue entschieden und erzählen uns nun von ihrer Reise!

 

Samstag — 16 Uhr

Der Typ an der Basis ist ein echtes Original. Aber auf die nette Art. Einer von denen, die dir mit Ihrer entspannten Weise einen guten Start in den Urlaub vermitteln. Eigentlich wären wir glückliche Mieter einer DUO, eines kleinen Bootes von acht Metern achtzig, perfekt geeignet für unseren Pärchenurlaub, doch er amüsiert sich schon ungeniert über die nahende Überraschung:
„Aufgrund technischer Probleme bekommt Ihr ein Upgrade. Wollt Ihr es euch anschauen?“

Wir sind erfahrene Hausbooturlauber. Auf Kanälen und Flüssen, unter Freunden oder mit der Familie. Daher sind wir es gewohnt, mit der Zeit zu reisen und über das Wasser zu gleiten im Rhythmus eines Wanderers, Flora und Fauna der Umgebung zu beobachten und die Welt unter dem Sternenhimmel zu erkunden. Die Sterne sind für uns immer wieder ein Erlebnis. Anfänger sollten verstehen, dass nach der Einführung, die bei uns heute nur 15 Minuten dauert, ein neues Abenteuer beginnt. Natürlich mit ein paar einfachen Regeln, damit alle diese Freude teilen können. Also, alles kein Grund, sich nicht über die Ankündigung unseres Gastgebers zu freuen.

„Verflixt! Und das Ding soll ich steuern?“
Die Rechnung ist schnell gemacht. Dreizehn Meter fünfzig. Die Art von Kahn, die für das Anlaufen in große Häfen gedacht ist. Mit einem Schiffsjungen auf dem Vorderdeck, einem auf dem Achterdeck und einem nicht zu einarmigen Kapitän kein Problem. Meine Frau Cathy wirft mir einen fragenden, wenig ermutigenden Blick zu. Doch der Mann, den wir später Marc nennen, legt mir die Hand auf die Schulter:

„Im Gegensatz zur DUO hat die SIXTO ein Bugstrahlruder. Ansonsten bleibt alles gleich.“

Wow, das ist doch mal eine wunderbare Argumentation! Das Bugstrahlruder ist der heilige Gral jedes Süßwasserkapitäns. Es ist das Ding, das dich davor bewahrt, das Boot bei der kleinsten Strömung zu zerdeppern. Außerdem müssen wir zugeben, dass die drei Kabinen für sechs Personen es uns ermöglichen würden, uns ohne Probleme auszubreiten, zu unserem Vorteil. Wir müssen also nur noch unsere Kutsche auf dem kostenlosen Parkplatz abstellen, etwas kalkulieren, damit wir unseren ersten Anlegehafen vor Einbruch der Dunkelheit erreichen, um uns dann von der warmen Trägheit des frühen Julis überwältigen zu lassen.

Zwanzig Zentimeter auf jeder Seite. Am Kai brüllt ein 70-jähriger blonder Riese seine Anweisungen, die sofort vom Verantwortlichen des Hafens von Gallician unterstützt werden. Ich fahre hundertmal rückwärts und werde dabei systematisch von einer leichten und doch bösartigen Seitenströmung abgetrieben. Dann denke ich daran, dem Konstrukteur zu danken, der überall Dämpfungsbojen vorgesehen hat, und schaffe es schließlich, unser Boot zwischen die beiden Betonblöcke zu schieben, herzlich beglückwünscht von meiner Begleiterin, die einfach nur einen schönen Abend verbringen möchte. Lachend wie eine Möwe, fährt der Riese aus dem Land Jacques Brels fort:

„Nicht schlecht fürs erste Mal! Bereit für den Aperitif?“
- „Genauso wie Sie. Geht’s gleich los?“

800 Meter weiter liegt im Zentrum des kleinen Camargue-Dorfes eine Bar mit Restaurant, dessen Fassade einst weiß war. Ein Dutzend Einheimische füllen den Raum fröhlich aus und nicken uns zu. Die kräftigen Burschen und der Staub auf ihrer Arbeitskleidung zeigen es uns: offensichtlich leben, reden und schlafen diese Leute im Rhythmus der Rinder.
Da unser neuer belgischer Freund es nicht übertreibt, lassen wir uns von der Kellnerin noch etwas über das Land erzählen. Pastis aus der Camargue, eine Gardiane vom Stier (ähnelt einem Gulasch) aus der Zucht des Wirts und lokaler Rotwein vom Wirt. Viel später als wir dachten, und um nur 3 Mückenstiche reicher, vom sanften Plätschern des Wassers eingelullt, stellen wir glücklich fest: Wir haben schon viel weniger typische und günstige erste Abende auf unseren Hausbootfahrten erlebt.

 

Dann bleibt die Zeit stehen

6 Uhr morgens. Ein orangefarbener Nebel zieht langsam auf und rechtfertigt die Installation des Weitwinkelobjektivs an der Canon. Zwei oder drei Reiher verspotten mich und begleiten mich sogar während ich die schlafenden Ufer entdecke. Das Naturreservat Scamandre vermittelt Gelassenheit, die es still mit einigen Fischern teilt. Wir werden hierher zurückkehren müssen, zu diesem gesegneten Ort, in dem Alles und Nichts existiert. In der Bäckerei an der Ecke werden zwei warme Croissants geholt und der Motor wird angeworfen, das ist alles. Und dann beobachten. Wir wechseln von der Kabine auf die Bridge, um an Höhe zu gewinnen und werden immer langsamer, um an dem weißen Pferd vorbeizukommen, ohne den Silberreiher auf seiner Kruppe zu erschrecken. Wir bleiben in der Mitte um den Reihen von Kindern am Ufer auszuweichen, die Ihre Freizeit ausnahmsweise nicht vor einem Bildschirm verbringen – das soll belohnt werden. Wir teilen diesen Raum mit allem was lebt und sind stolz darauf, dass wir so viel Respekt davor haben…

Aigrette posée sur un chevla blanc

 

Auf dem 65 km langen Canal du Rhône à Sète gibt es auf der gesamten Strecke keine Schleusen. Da das Anlegen am Ufer auf dieser Strecke unwahrscheinlich ist, besteht die einzige Beschäftigung des Tages also darin, die Ankunftszeiten an den Anlegern für die Mahlzeiten und Übernachtungen zu berechnen. Die Mittagspause wird am Ufer des Teichs von Mauguio verbracht. Gut festgezurrt am Steg, bereiten wir einen Salat mit Produkten aus einem lokalen Lebensmittelgeschäft zu, breiten die Kissen auf dem Oberdeck aus und machen uns eine Freude daraus, die Flamingos zu zählen, die über Hunderte von Metern verstreut sind.

Flamants roses sur l'étang de Mauguio

Die schwere Sonne hat die Fischer in der Kühle ihrer winzigen, bunten Hütten gehalten. In der Ferne, im Dunst, erahnen unsere Augen eine Zivilisation, die wir auswendig kennen, und uns wird bewusst, dass es gleich hinter den Vororten von Montpellier ein kleines Paradies gibt, von dem wir gar nichts wussten. Während Cathy eine wilde Debatte mit einigen Enten beginnt, konzentriere ich mich auf ein Haus mit bunten Tags, ein merkwürdiges Brachland der Menschheit mit den Füßen im Wasser, das zugleich anachronistisch und lächerlich inmitten dieses Ozeans der Natur wirkt.

 

Wir hatten Aigues-Mortes auf unserer Liste, angezogen von dem historischen Aspekt des Ortes, aber waren ein wenig besorgt um die Qualität unseres Schlafes dort. Der Anfang der Woche sollte also genau der richtige Zeitpunkt sein. Cathy wird die Überquerung des langen Kanals, der ins Stadtzentrum führt, problemlos bewältigen und mich dann am Fuße der prächtigen, von Saint-Louis errichteten Stadtmauer anlegen lassen. Der Liegeplatz ist nicht kostenlos, aber auch nicht überteuert: Der Service ist da. Wenn man von der belebten Umgehungsstraße an diesem späten Nachmittag absieht, ist der Ort wirklich bemerkenswert. Und seltsamerweise findet man sich, abgesehen von einigen zu gut gelegenen Geschäften, nicht in einem „Touristenplan“ wieder. Wenn man die Hauptgassen hinter sich gelassen hat, sind die Geschäfte, Restaurants, Weinkeller und Innenhöfe sehr originell und bieten eine gewisse Gemütlichkeit. Wir konnten sogar ausgezeichnete Preis-Leistungs-Verhältnisse ausfindig machen, um die regionale Küche zu entdecken, was, wie Sie wissen, eine nicht verhandelbare Grundlage für einen gelungenen Urlaub ist. Abends nach 22.30 Uhr gehört die Stadt Ihnen. Ein guter Tipp: Frühstücken Sie vor der Ankunft auf Ihrer Terrasse. Danach lassen Sie sich von den halluzinierenden Farbtönen der Salinen rund um die Stadt verzaubern.

 

Da wir nicht durch die Anwesenheit eines Teenagers auf der Suche nach vermeintlich angesagten Partys konditioniert sind und die Orte von der Landseite her schon kennen, verzichten wir auf La Grande-Motte und Palavas. Die Ankunft in Maguelone nach einer ruhigen Fahrt bestätigt sofort unsere Wahl als Fünfzigjährige, die der überbordenden Zivilisation hermetisch gegenüberstehen. Der wenig befahrene, zwischen Teich und Meer gelegene Kanal bietet an dieser Stelle lange, helle Perspektiven, die von Felsen gesäumt sind, in denen eine Vielzahl von Vögeln mit ihren Jungtieren nisten. Die aufgehängten Fischernetze verleihen dem Bild eine fast asiatische Note. Durch die starke Strömung durften wir einem anderen Freizeitkapitän näherkommen und so die französisch-schweizerischen Beziehungen stärken. Nach dem Anlegen erkunden wir zu Fuß die vulkanische Halbinsel, ihre Kathedrale aus dem 12. Jahrhundert, die gerade restauriert wird, und landen schließlich bei den Compagnons de Maguelone. Dieses behindertengerechte Restaurant mit Bar verstärkt den Aspekt der „Zeitlosigkeit“, obwohl wir hier nicht allein sind. Glücklicherweise werden die Autos ziemlich weit von den Sehenswürdigkeiten entfernt geparkt.

Dann nach 18 Uhr ist es wie in einem Film ohne Darsteller. Kaum eine Katze ist zu sehen, doch ein atemberaubender Sonnenuntergang, und eine Tierwelt, die wiedererwacht: Unbestreitbar ist dies der „Top-Spot“ unserer Reise. Eine besondere Widmung gilt dem fliegenden Schwan, der uns daran erinnert, dass ein Leben niemals ausreicht, um alles gesehen zu haben.

Cygne au coucher de soleil

Coucher de soleil sur la Camargue

 

Am Morgen, nur einen Steinwurf von Frontignan entfernt, hat sich trotz der Sonne, ein schonungsloser Wind eingefunden. Sogar die Möwen haben Ihre Probleme. Dank der guten Auskünfte unseres Flussführers, verstehen wir, dass eine Überquerung des Étang de Thau heute wenig Sinn ergibt. Wir entscheiden uns für einen Badetag am Strand von Aresquiers, über den man eigentlich niemals sprechen sollte. Und zwar, damit dieser Ort das bleibt, was er ist. Ein Teil des Strandes ist für FKK-Anhänger zugänglich, ein anderer Teil, eine riesige Wildnis für einige glückliche Eingeweihte. Das ist alles, und das ist viel. Als wir wieder am Kai ankommen, stellen wir fest, dass dieser Mittwoch bereits unsere Rückkehr bedeutet. Doch die Rückseite der Postkarte wird mit leichtem Herzen angegangen, und zwar mit viel Licht und Gegenwind. Es beginnt eine zweite dreitägige Reise, welche wir eher in unseren Erinnerungen als im Reisetagebuch festhalten. Uns bleibt nicht viel übrig, als sich auf Details zu konzentrieren, über duftende Landmärkte zu schlendern und das gewisse Etwas zu genießen, das die Zeit endgültig über die Grenzen des Zumutbaren hinaus anhält. Kurzum, wir müssen uns endlich auf das Wesentliche besinnen.

 

Cathy und Gilles-Juli 2023

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